Eine Schule ohne Rassismus gibt es nicht. So sagt es der Rassismusexperte Prof. Dr. Fereidooni. Trotzdem gibt es verschiedene Ansätze, um gegen Rassismus an Schulen vorzugehen. Ein Gespräch.
Es passiert im Schulbus, im Lehrerzimmer oder auf dem Pausenhof. Rassismus und Diskriminierung gehören für viele Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte in Deutschland zum Schulalltag. Angesprochen und thematisiert wird Rassismus im Klassenzimmer nur selten.
Das muss sich ändern, fordert Karim Fereidooni, Juniorprofessor an der Ruhr-Universität Bochum. Er forscht seit vielen Jahren zu Rassismuskritik in Bildungseinrichtungen und sieht Handlungsbedarf.
Um Rassismus und dessen Folgen zu verstehen, muss zunächst die Bedeutung hinter dem Begriff geklärt werden. Rassismus entstand während der Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas. Weiße Menschen entwickelten das Konzept der sogenannten „Rassen“, um ihre Machtposition gegenüber Schwarzen Menschen und People of Color zu rechtfertigen. Durch die erfundene Überlegenheit der „weißen Rasse“ wurde der Kolonialismus legitimiert. Die Auswirkungen dieser schrecklichen Zeit sind bis heute zu spüren.
Der Duden definiert Rassismus als eine „(meist ideologischen Charakter tragende, zur Rechtfertigung von Rassendiskriminierung, Kolonialismus o. Ä. entwickelte) Lehre, Theorie, nach der Menschen bzw. Bevölkerungsgruppen mit bestimmten biologischen oder ethnisch-kulturellen Merkmalen anderen von Natur aus über- bzw. unterlegen sein sollen.“ Der Rassismusexperte Karim Fereidooni verwendet unterschiedliche Definitionen, um Rassismus zu erklären. Ein Beispiel:
„Rassismus ist eine Fantasie, eine Lüge, ein Gerücht über Schwarze Menschen oder Menschen of Color in den Köpfen weißer Menschen.“
Die Bezeichnung „Schwarz“ wird in diesem Fall großgeschrieben, da es sich nicht um eine reelle Hautfarbe handelt, sondern um eine politische Selbstbezeichnung.
An wie vielen Schulen in Deutschland es zu rassistischen Vorfällen kommt, ist nicht bekannt. Laut Professor Fereidooni gibt es keine repräsentative Studie dazu. Seiner Erfahrung nach spielt das Thema aber in allen Schulen eine Rolle:
„Überall da, wo Menschen zusammenkommen, spielen Ungleichheiten eine Rolle. Es kann keine Schule ohne Rassismus geben. Es kann eine Rassismus-sensible Schule werden, wenn sich viele Menschen gegen Rassismus engagieren. Aber rassismusfrei kann kein Ort in unserer Gesellschaft sein, weil wir gelernt haben, rassistisch zu sein.“
Wie sich Rassismus im Schulkontext letztendlich zeigt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Eine Schülerin wird möglicherweise wegen ihres Kopftuchs beleidigt oder ein Schüler darf beim Fußball aufgrund seiner Hautfarbe nicht mitspielen. Auch Unterrichtsmaterialien können rassistische Bilder beinhalten.
Eine besondere Problematik zeigt sich, wenn sich Lehrkräfte gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern rassistisch verhalten, denn das kann sogar zu einer schlechten Note führen. Eine Studie der Universität Mannheim aus dem Jahr 2018 hat genau das gezeigt: Ein Diktat von „Murat“ wurde von angehenden Lehrkräften schlechter bewertet als das von „Max“ – bei gleicher Fehleranzahl.
Um Rassismus an Schulen entgegenzuwirken, sieht Professor Karim Fereidooni die Aufgabe vor allem bei den Lehrkräften:
„Rassismuskritik sollte als normale Professionskompetenz begriffen werden. Lehrkräfte sollten ganz normal über Rassismus reden und auch erkennen können, was rassistisch ist und was nicht.“
Fereidooni nennt drei Fragen, die sich Lehrkräfte stellen sollten:
Um sich diesen Fragen zu nähern und rassismuskritischen Unterricht durchzuführen, brauchen Lehrkräfte in Deutschland bessere Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, sagt er.
Eltern sollten ebenfalls einen Teil zur Rassismus-Kritik beisteuern. Karim Fereidooni wünscht sich, dass vor allem weiße Eltern noch mehr mit ihren Kindern über Rassismus sprechen:
„Häufig glaubt die gesellschaftliche Mitte, was auch immer das sein mag, wir sind frei von Rassismus. Oder, dass es so etwas nur bei der AfD gibt und nicht auch in unserer Schule passieren kann. Damit wird verhindert, dass auch weiße Eltern mit ihren weißen Kindern über Rassismus sprechen.“
Über Rassismus zu sprechen, fällt nicht leicht. Betroffene erhalten oftmals kein Verständnis, wenn sie über ihre rassistischen Erfahrungen sprechen. Karim Fereidooni rät in diesem Fall, dass sich Betroffene auf jeden Fall Hilfe suchen:
„In jedem Kollegium gibt es mindestens ein bis zwei nette Personen, die man ansprechen kann. Ich würde nicht allein damit bleiben.“
Weitere Möglichkeiten, um Hilfe bei rassistischen Vorfällen zu bekommen:
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*Der 14-tägige Test umfasst eine gratis Probestunde
(**Quelle: Trustpilot, Stand: 20.02.2023)