Außerschulische, privat bezahlte Nachhilfe ist ein äußerst relevantes Thema für Eltern mit schulpflichtigen Kindern. Nachhilfe dient offensichtlich der Verwirklichung von Bildungszielen des Nachwuchses. Mittlerweile hat sich Nachhilfe zu einem System entwickelt, das unzureichende Bildungsangebote der Schule ausgleichen soll. Nachhilfeunterricht ist kein Phänomen, was nur eine bestimmte Gruppe von Schüler:innen betrifft, sondern gehört für den größten Teil mittlerweile zum Alltag. Der Erfolg ist jedoch nicht nur abhängig von der Wahl der Lehrkraft oder der Gestaltung. Andere Faktoren wie die Nachbereitung des Unterrichts, Motivation des Kindes und häusliche Rahmenbedingungen haben Einfluss auf den Lernprozess des Individuums. Hat der Lernende erst einmal in der Stunde die Inhalte nachvollzogen, ist es umso wichtiger, dass das Kind selbstständig wiederholt.
Hattie (2003) analysierte 500 000 Studien, welche die Einflüsse auf Schulleistungen untersuchten und kam mit unter zum Ergebnis, dass 50 % der Varianz der individuellen Leistung auf die Schüler:innen selbst zurückzuführen ist. Das heißt, die Lernenden beeinflussen ihren Lernerfolg am meisten (Vgl. Streber et al., 2011).
Ein Kind kann in der Nachhilfestunde vieles nachvollziehen und sehr gute Ergebnisse mit der Lehrer:in erzielen. Das darf aber nicht zu einer Abhängigkeit führen. Die Lernenden müssen selbstständig arbeiten, um Schwierigkeiten zu erkennen, die mit der Lehrer:in gar nicht erst auftreten. Sie werden dabei Erfolge erzielen, sodass sie selbstbewusst im Unterricht mitarbeiten können. Auch in den Klassenarbeiten sind die Schüler:innen auf sich allein gestellt und wenn sie dann das erste Mal ohne Nachhilfe arbeiten, kommt es nicht selten zu einem Blackout.
Leistungsfähig in dem Fach sind Kinder und Jugendliche dann, wenn sie mit den Aufgaben und Anforderung des Unterrichts allein zurechtkommen. Leistungsfähigkeit eines Schülers durch einmaliges gezieltes Training ist nicht ausreichend für einen langfristigen Leistungserfolg. Mit regelmäßiger Nachhilfe und zusätzlich Aufgaben zum selbstständigen Arbeiten können Bildungserfolge erzielt werden.
Grundsätzlich kann Wissen in primäres und sekundäres Wissen unterteilt werden (Vgl. Schlüssler, 2017). Biologisch primäres Wissen aufzunehmen geschieht teilweise unbewusst und umfasst beispielsweise die Erkennung von Gesichtern oder das Verständnis der Muttersprache.
Beim Erwerb von biologisch sekundärem Wissen werden zwei Situationen unterschieden. Die erste Situation beschreibt, dass das zu erlernende Wissen bereits bei anderen Menschen verfügbar ist und dieses zur Verfügung gestellt wird. Die zweite Situation liegt vor, falls das zu erwerbende Wissen nicht in geeinigter Form vorliegt und somit vom Lernenden selbst erforscht werden muss (Vgl. Schlüssler, 2017). Ersteres spiegelt die Situation in einer Nachhilfestunde wider. Dem Kind wird das zu erwerbende Wissen vom Nachhilfelehrer idealerweise in geeinigter Form zur Verfügung gestellt. Damit der Erwerb des sekundären Wissens bzw. der für den Lernenden derzeit relevanten Themen noch besser stattfinden kann, muss der Lernende also auch in die zweite Situation kommen. Die Schüler:innen sollten daher auch selbstständig Probleme lösen.
Wie kann man nun einem Lernenden zusätzlichen Erwerb von sekundärem Wissen ermöglichen? Inhalte komplett allein zu erforschen, ist in der Regel für Lernende sehr komplex. Daher sollten sie die Themen erstmals im Nachhilfeunterricht erklärt bekommen, sodass ein gewisses Grundverständnis vorliegt. Der Prozess danach kann nun so gestaltet werden, dass die Schüler:innen Aufgaben wiederholend üben und auch neue Situationen in diesen Übungen kennenlernen, um den Erwerb von sekundärem Wissen zu fördern. Die Schüler:innen sollten also nach der Nachhilfestunde selbstständig Aufgaben bearbeiten. Diese sollten von den Nachhilfelehrer:innen gestellt werden. Werden keine Aufgaben zur nächsten Stunde gegeben, müssen diese von den Eltern oder direkt von den Lernenden angefragt werden. Der Lernende sollte in Situationen geraten, in welchen er nicht von einer Lehrer:in direkt unterstützt wird. Das heißt, die Schüler:in muss auch mal allein am Schreibtisch sitzen, sodass Fragen entstehen und eventuell Misserfolge erlebt werden. Diese können Schüler:in und Lehrer:in dann gemeinsam bearbeiten. Die Schüler:innen werden in der Regel nicht begeistert davon sein, zusätzliche Aufgaben zu bearbeiten, umso wichtiger ist die motivierende Unterstützung der Eltern.
Die Eigensteuerung des Kindes ist entscheidend dafür, ob Eltern ihr Kind als „pflegeleicht“ oder „schwierig“ beschreiben. Durch bewusste und unbewusste Signale von Lehrerenden und Eltern sowie die von Ihnen gewählten Aufgaben und Lernwege beeinflussen Sie die Eigensteuerung des Kindes. Die Eigensteuerung des Kindes ist die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren (Vgl. Jansen & Streit, 2006).
Damit eine günstige Eigensteuerung beim Lernen aufgebaut werden kann, sollte darauf geachtet werden, dass Schwierigkeiten in Lernsituationen ausreichend behandelt werden und das Lerntempo dem Kind entspricht, also so langsam ist, dass das Kind ein gutes Gefühl hat. Insbesondere bei Fehlern muss das Tempo dann verringert werden. Fehler dürfen nicht bestraft werden und Anstrengungen müssen belohnt werden. Ansonsten kann es zu ungewünschten Effekten kommen. Das Kind ist demotiviert und blockiert, neue Inhalte aufzunehmen. Eine mangelhafte Lernstrategie ist meist nicht nur die Folge, sondern die Ursache für Lernstörungen (Vgl. Jansen & Streit, 2006.). Insgesamt hängt der Erfolg vom Lernen also nicht nur von geeigneten Lernangeboten ab, sondern auch von den individuellen Voraussetzungen des Kindes, den Umständen im Elternhaus und der motivierenden Unterstützung der Eltern.
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(**Quelle: Trustpilot, Stand: 20.02.2023)